Die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist in vollem Umfang unvereinbar mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation und darf daher nicht mehr angewendet werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 14.08.2023 (AZ: 6 C 6.22) entschieden. Es folgte damit den Vorgaben des EuGHs und beendete jahrelange Diskussionen (Pressemitteilung vom 07.09.2023).
Das Gericht hatte zuvor den Europäischen Gerichtshofs angerufen. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH kam des BVerwG zu dem Schluss, dass das Telekommunikationsgesetz (TKG) eine anlasslose, flächendeckende sowie personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vorschreibt. Dies genüge schon deshalb nicht den unionsrechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt werden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen.
Beschränkung auf bestimmte Zwecke fehlt
Bei der Speicherung von Telefondaten (Anrufer, Adressat, Datum und Dauer der Verbindung, Zeitpunkt der Versendung und des Empfangs einer Nachricht, genutzte Funkzellen) fehle es an der vom EuGH geforderten strikten Begrenzung der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten auf den Zweck des Schutzes der nationalen Sicherheit.
IP-Adressen dürften laut EuGH zwar zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gespeichert werden. Die TKG-Regelung enthalte aber keine solche Beschränkung. Dies gilt laut BVerwG sowohl für die frühere als auch für die aktuellen Regelungen.
Eine unionsrechtskonforme Auslegung scheide wegen des vom EuGH hervorgehobenen Grundsatzes der Bestimmtheit und Normenklarheit aus. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts dürfe die Regelungen im TKG daher nicht angewendet werden.
Die Koalition von SPD, Grünen und FDP ist sich derzeit immer noch nicht einig, wie eine Nachfolgeregelung der unzulässigen Vorratsdatenspeicherung aussehen könnte. Während Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) eine sogenannte Quick-Freeze-Regelung bevorzugt, fordert Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weiterhin eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen.
Nach Bekanntwerden des Urteils erklärte Buschmann: "Die Entscheidung ist ein klarer Auftrag, die Vorratsdatenspeicherung nun zügig und endgültig aus dem Gesetz zu streichen."