Fingerabdrücke dürfen nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf Personalausweisen gespeichert werden (PDF). Damit werde nicht gegen das Recht auf Privatleben im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten verstoßen, sagte Generalanwältin Laila Medina am Donnerstag, den 29.06.2023, in ihren Schlussanträgen.
Hintergrund des laufenden Verfahrens ist eine Klage des Vereins Digitalcourage vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden (Siehe auch unser Beitrag vom 14.02.2022). Der Kläger beanstandete, dass ihm ohne Fingerabdrücke kein neuer Personalausweis ausgestellt wird. Das Gericht hat sich in einem Beschluss vom 13. Januar 2023 der Argumentation der Klägerin (einer Datenschutzorganisation) angeschlossen und Zweifel an der Gültigkeit der EU-Verordnung angemeldet, auf dem das deutsche Personalausweisgesetz basiert. Aus diesem Grund hat das Gericht dem EuGH mehrere Fragen für eine Vorabentscheidung vorgelegt.
Seit knapp zwei Jahren ist in der Bundesrepublik jeder verpflichtet, beim Beantragen eines neuen Personalausweises seine Fingerabdrücke im Einwohnermeldeamt abnehmen zu lassen. Deutschland hat damit eine Verordnung der EU umgesetzt. Die Abdrücke werden laut Bundesinnenministerium nur auf dem Ausweis gespeichert, nicht aber in einer zentralen Datenbank. Das ist nach Ansicht der Generalanwältin rechtmäßig. Es gebe keine gleichermaßen geeignete Methode, die weniger in die Privatsphäre eingreife, um das Ziel des authentischen Identitätsnachweises zu erreichen. Außerdem seien die biometrischen Daten hinreichend vor Missbrauch geschützt, so Medina. Darüber hinaus biete die VO hinreichende und geeignete Maßnahmen, die sicherstellten, dass die Erfassung, Speicherung und Verwendung biometrischer Identifikatoren wirksam vor Missbrauch oder Fehlgebrauch geschützt sei. Ferner enthalte die VO 2019/1157 keine Rechtsgrundlage für die Einrichtung oder Aufrechterhaltung nationaler Datenbanken oder einer zentralen Datenbank auf der EU-Ebene.
Die GA führt in ihren Schlussanträgen weiter aus, dass das EU-Parlament und der Rat in dem Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass der VO 2019/1157 geführt hat, nicht zur Durchführung einer Folgenabschätzung nach 53 Abs. 10 DS-GVO verpflichtet gewesen seien. Die DS-GVO und die VO 2019/117 seien Rechtsakte des Sekundärrechts, die in der Hierarchie der Quellen des Unionsrechts gleichrangig seien. Außerdem ergebe sich aus der DS-GVO an keiner Stelle, dass die Verpflichtung zur Durchführung einer Folgenabschätzung für den Unionsgesetzgeber verbindlich sei.
Mit einem Urteil in dem Verfahren ist in einigen Monaten zu rechnen. Die Richter folgen der Einschätzung der Generalanwälte oft, ob in diesem Fall auch, bleibt abzuwarten.