Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (LAG Niedersachsen (Urteil vom 04.05.2021 – 11 Sa 1180/20))
Entscheidet sich eine Arbeitgeberin zum Ausspruch einer Abmahnung, verfolgt sie dabei zwei Ziele. Zum einen wird damit eine Pflichtverletzung Beschäftigter gerügt. In einer hinreichend deutlichen Art und Weise werden Mitarbeitende damit aufgefordert, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten einzuhalten (Rügefunktion). Zum anderen ist damit die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Fall verbunden, dass sich die Pflichtverletzung wiederholt (Warnfunktion).
Mit einer Abmahnung werden personenbezogene Daten verarbeitet. Dies ist rechtmäßig, wenn und solange damit eine der Bedingungen des § 6 Abs. 1 KDG erfüllt ist bzw. wenn dies gem. § 53 KDG für die Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.
Nach einer Entscheidung des LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 23.11.2018 – 5 Sa 7/17) ist das dann nicht mehr der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Denn nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann weder die Rüge- noch die Warnfunktion einer Abmahnung eine Wirkung entfalten, weshalb die Erforderlichkeit zur weiteren Verarbeitung (Speicherung) nicht mehr gegeben ist.
Anders hat jetzt das LAG Niedersachsen in dem o. g. Urteil entschieden.
Die Richter stellen zunächst fest, dass der Anspruch auf Löschung dann und soweit nicht besteht, wie wenn gesetzliche Aufbewahrungsfristen dem entgegenstehen. Solche können nach den Ausführungen des Gerichts insbesondere steuer- oder sozialversicherungsrechtlicher Art sein. Gleichzeitig referiert das Gericht die in der Literatur vertretene Meinung, personenbezogene Daten seien nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu löschen, soweit Aufbewahrungsfristen nicht bestünden. Auch das Urteil des LAG Sachsen-Anhalt wird in diesem Zusammenhang zitiert. Für seine Meinung Rechtsauffassung führt das Gericht dann aber lediglich Praktikabilitätsgründe an. „in der Konsequenz würde dies …. bedeuten, dass der Arbeitgeber nach Beendigung eines jeden Arbeitsverhältnisses den vorhandenen Datenbestand des ausscheidenden Arbeitnehmers danach sortieren müsse, ob Aufbewahrungsfristen bestehen oder nicht.“ Dabei übersieht das Gericht, dass es keinen Rechtsgrundsatz gibt, der die Verarbeitung personenbezogener Daten erlaubt, nur weil ihre pflichtgemäße Löschung mit Arbeit verbunden ist.
Im Gegenteil verlangt Art. 12 Abs. 3 DS-GVO (§ 14 Abs. 3 KDG) die unverzügliche Erledigung eines Löschungsantrages, spätestens innerhalb eines Monats und gewährt für den Fall einer hohen Komplexität oder einer großen Anzahl von entsprechenden Anträgen eine Fristverlängerung von weiteren zwei Monaten.
Das Urteil des LAG Niedersachsen entbehrt somit einer rechtlichen Grundlage, der Auffassung des Gerichts ist deshalb und unter Zugrundelegung der in der Literatur vertretenen Ansicht und dem Urteil des LAG Sachsen-Anhalt nicht zu folgen.